Bleiburg 2024: kleine Feier mit kleinen Symbolen

    (31.05.2024) Am vorvergangenen Wochenende (17.05.2024) fanden in Bleiburg und Kroatien die offiziellen Gedenfeiern an das "Massaker von Bleiburg" statt. Erstmals seit 2019 versammelten sich am Loibacher Feld wieder einige hundert Ustaša-Fans zu einer kleinen Gedenkfeier. Wie diese ablief und was sich sonst in den letzten Monaten getan hat, möchten wir in diesem Artikel berichten.
    Wir erinnern uns: im Jahr 2019 fand zum letzten Mal eine "klassische" Bleiburg-Gedenkfeier mit Fahnen, Transparenten, Gesängen und damit einhergehenden Fällen von nationalsozialistischer Wiederbetätigung statt. In den Jahren 2020 und 2021 machte Corona dem "Bleiburger Ehrenzug" als Veranstalter einen Strich durch die Rechnung, im Jahr 2022 wurden die Feiern schließlich auf Basis eines Expert*innenberichts untersagt (oder, wie es damals genau hieß: würde untersagt werden würde sie stattfinden wie bisher). Stattdessen fand nur eine Messe in der Stadtpfarrkirche Bleiburg/Pliberk statt. (Link zu unserem damaligen Beitrag: "Bleiburg erledigt (April 2023)")
    Die zentralen Gedenkfeiern wurden seit 2020 nach Kroatien verlegt und finden seither dort statt. Das war auch dieses Jahr so. Am Samstag (18.5.2024) vormittag mit einer Feier am Mirogoj-Friedhof in Zagreb, am Nachmittag folgte eine Messe in Macelj im Norden Kroatiens, wo sich ebenso eine Gedenkstätte für die Opfer des "Kreuzwegs des kroatischen Volkes" befindet.
    In Kärnten/Koroška ist man stattdessen in den Jahren 2022 und 2023 auf eine Messe am Freitag Abend in der Stadtpfarrkirche Bleiburg/Pliberk ausgewichen, die auch heuer stattfand. Neu war dieses Jahr allerdings, dass es erstmals seit 2019 wieder eine offizielle Gedenkfeier am Friedhof in Unterloibach/Spodnje Libuče sowie am Loibacher Feld/Libuško polje gab. 

    Gedenkfeiern am Friedhof und Feld

    Am Freitag dem 17.5.2024 versammelten sich etwa 50 Personen am Friedhof von Unterloibach/Spodnje Libuče, wo sich ein Soldatengrab befindet (siehe unseren Artikel Veränderungen der Gedenkstätte). Beim Grab wurde gebetet und durch den kroatischen Botschafter in Österreich, Daniel Glunčić, ein Kranz abgelegt. Anschließend begaben sich die Teilnehmer*innen mit Fahrzeugen zum Loibacher Feld - eine Prozession, wie sie bis 2019 zum fixen Programm der Feier gehörte, fand hingegen nicht statt.
    Am Loibacher Feld angekommen, wuchs die Menge bereits auf 150 bis 200 Personen an. Es fand eine kurze Gedenkfeier mit religiösen Elementen (Lesung, Fürbitten, Gebet) sowie einer Ansprache statt. Anschließend wurde die Hymne der Republik Kroatien gesungen und auch hier Kränze niedergelegt. Abschließend gab es wieder Gelegenheit sich mit dem Gedenkstein zu fotografieren. Der Gedenkstein ist noch immer im Zustand von 2022, als von ihm erst die kroatische Aufschrift entfernt und dann auch noch das das Wappen (Šahovica) abgeschlagen wurde - doch dazu später noch mehr.
    Im Allgemeinen wurde durch die Teilnehmer*innen darauf geachtet, keine Symbole der Ustaša zur Schau zu stellen, auch wenn die österreichische Polizei und Vertreter*innen der zuständigen Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt das Treiben aus großer Distanz beobachtet haben. Nur vereinzelt konnten Buttons oder kleinere Aufdrucke mit problematischen Symbolen oder Slogans ausgemacht werden, etwa mit der in Österreich als Symbol der SS verbotenen Šahovica.
    Blumengesteck mit dem problematischen Schachbrettmuster (mit Weiß beginnend) (AK Bleiburg/Pliberk 2024)
    Eindeutiger war der vor dem Denkmal am Loibacher Feld positionierte, wie die Šahovica mit weiß beginnende, karierte Blumenschmuck sowie die von den Teilnehmenden hinterlassenen Kerzen. Auf diesen fand sich unter anderem das Logo der rechtsextremen Partei HSP, die sich als Nachfolgerin der Ustaša sieht.

    Geschichtsrevisionistischer Pater

    Die anschließende Messe in der Bleiburger Stadtpfarrkirche wurde unter anderem von Pater Jozo Grbeš gehalten. Grbeš hielt bereits in seiner Zeit als Priester in Chicago Gedenkmessen für "das Massaker von Bleiburg" ab.[1] Seit 2022 ist er Provinzial des Franziskanerordens (Zur Rolle der Franziskaner im Ustaša-Staat NDH: Das katholische Kroatien und die Ustaša) in der Herzegowina. Gegenüber Medien zeigte er wenig Verständnis für die Erinnerung im ehemaligen Ustaša-KZ Jasenovac ("Već smo trideset godina u demokraciji, a opet nas vuku nazad u Jasenovac" / „Wir sind seit dreißig Jahren in der Demokratie und sie schleppen uns nach Jasenovac“) oder die strafrechtliche Verfolgung von Kriegsverbrechen im Kroatienkrieg ("Pazite, Hrvati su završili u Haagu. Zašto? Jer su branili domovinu?" / "Achtung, die Kroaten sind in Den Haag gelandet. Warum? Weil sie das Heimatland verteidigten?").[2] Also kein unbeschriebenes Blatt und sicherlich keine gute Basis für einen sauberen Neuanfang.
    Wie es die lokalen Vertreter der Katholischen Kirche in Kärnten/Koroška mit den "Gästen aus Kroatien" halten demonstrierte der Bleiburer Pfarrer Ivan Olip. Er las nicht nur die Messe am 17.5., sondern widmete bereits am 12.5. - also eine Woche vor der offiziellen Gedenkmesse - eine Messe den "Opfern des Mai 1945". Mitgefilmt und veröffentlicht wurde es ausgerechnet am Tiktok-Kanal von Dražen Keleminec, dem Vorsitzenden der rechtsextremen "Autochthonen Partei des Rechts" A-HSP, die (wie noch 2-3 andere Parteien) die Nachfolge der Ustaša-Partei HSP antreten will. [3]
    Dieses Jahr gab es erstmals seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie wieder eine organisierte Anreise mit Bussen aus Kroatien und Bosnien-Herzegowina. Ansonsten hatte die meisten Autos der Teilnehmenden österreichische Kennzeichen. Die Gedenkfeier in Bleiburg zog heuer also erneut vorwiegend Menschen, die in der näheren Umgebung leben, auf das Loibacher Feld, internationale Beteiligung gab es nicht. Hinsichtlich des Alters der Teilnehmeden zeigt sich, dass die Feiern in aktueller Form vorwiegend älteres Publikum mobilisiert, gibt es doch seit 2018 auch keine Bierzelte mehr in denen man trinken, schunkeln und hetzen konnte.
    Der Bleiburger Ehrenzug hat den gerichtlichen Vergleich auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht, hier in Kopie.

    Geklärte Eigentumsverhältnisse

    Die Grundstücke, auf denen die Gedenkstätte samt Gedenkstein, der Soldatenfriedhof ohne Gebeine und die Bühne errichtet wurden, gehörte laut Grundbuch Ilija Abramović. Dieser war selbst Ustaša, flüchtete nach 1945 nach Österreich und war hier langjähriger Obmann des "Bleiburger Ehrenzugs" (PBV), der die Feiern seit Jahrzehnten anmeldete und ausrichtete. Abramović verstarb im Sommer 2020, er wurde in Kroatien begraben und sein Nachlass vom zuständigen Gericht in Klagenfurt/Celovec abgehandelt - wo je ein Rechtsstreit begann. Der "Bleiburger Ehrenzug" wollte das Grundstück erhalten, immerhin hat Abramović es ja nicht für sich selbst erworben und auch das Geld stammte nicht von ihm sondern kam von anderswo. Das Gericht übertrug das Grundstück aber seiner Witwe, eine Entscheidung, gegen die der Verein nun mehrere Jahre prozessierte. Vor Kurzem konnte die Situation vom Ustaša-Verein geklärt werden: Das Grundstück wurde von der erbenden Witwe gegen eine geringe Summe an den Verein abgetreten. Alle Grundstücke samt Aufbauten gehören damit nun dem Ehrenzug (PBV). Ob das rechtlich alles hält, ist offen. Denn eigentlich war es ja Auflage der Behörden, dass der Grund von einem Landwirt gehalten werden muss (das war Abramović als Korbflechter auf dem Papier, ist der Verein aber nun nicht mehr) und dass es keine Bauwerke dort geben darf (was seit 2004/2008 eben auch nicht mehr eingehalten wurde).
    Gedenkstein wie er von 2008 bis 2020 zu sehen war - laut BMI-Bericht ist das Emblem "ein nach dem Abzeichengesetz verbotenes Abzeichen" und wurde entfernt
    So sieht der Gedenkstein aktuell aus: das Wappen und ein Teil der Schrift wurde abgeschlagen (Bild AK Bleiburg/Pliberk 2022)
    Irgendwann zwischen 2022 und 2024 wurde auch noch der Halbmond bzw. Mondsichel (Hilal) abgeschlagen, das katholische / christliche Kreuz ist geblieben. (Bild AK Bleiburg/Pliberk 2024)

    Das Wappen: eine Neverending Story

    Noch in einem zweiten Klagenfurter Gerichtssaal gingen Vertreter des "Bleiburger Ehrenzugs" (PBV) und deren Rechtsvertreter in den letzten Wochen öfters ein- und aus. Vor dem Landesverwaltungsgerichts Kärnten wurde am 13. und 23. Mai eine Bescheidbeschwerde des PBV verhandelt. Diese richtete sich gegen eine Strafverfügung der BH Völkermarkt, welche im Frühjahr 2022 vom Gedenkstein die Šahovica, die nach dem Abzeichengesetz in Österreich verboten ist, abschlagen hat lassen und entsprechende Strafen ausgesprochen hat. Unbekannt ist, gegen wen sich die Strafen damals richteten. Offenbar wurde auch der PBV in dieser Sache gestraft, sonst hätte er keine Beschwerde einlegen können. Ob sich die Beschwerde nur gegen die Strafe (Geldstrafe), oder auch gegen die Entfernung des Wappens richtet, ist unbekannt. Ebenso, wie das Verfahren gelaufen ist - da der PBV noch keine Jubelaussendung verschickt hat, lässt darauf schließen, dass es noch keine Entscheidung gab. Im Vorfeld der Verhandlung gab man sich noch überzeugt, dass das Wappen auf den Stein zurückkehren wird, wie der ehemalige Obmann des Bleiburger Ehrenzugs Bože Vukušić in der Sendung des rechtsextremen TV-Moderators Velimir Bujanec von sich gab.[4] Wir sind jedenfalls sehr gespannt, wie dieses Verfahren ausgehen wird.
    Mehr zum Wappen findet ihr in unseren Artikel zur Abnahme des Wappens 2022 (Bleiburg 2022: Alles neu? Eher nicht...), in unserem Übersichts-Artikel zu problematischen Symbolen und auch im Bericht des Innenministeriums zum Denkmal und Wappen.

    Zurück in die Zukunft?

    2025 jähren sich die Ereignisse von Bleiburg zum achtzigsten Mal. Dass man das von den österreichischen Behörden ausgesproche Verbot der Gedenfeier am Loibacher Feld/Libuško polje nicht allzu ernst nimmt, zeigte ein Vertreter des Bleiburger Ehrenzugs, der gegenüber dem kroatischen Rundfunk HRT davon sprach, dass man hofft, die Gedenkmesse im Jahr 2025 wieder am Loibacher Feld abhalten zu können.[5]
    Es wird sich zeigen, ob es dabei bleibt, dass die Ustaša-Feiern in Bleiburg klein und unbedeutend bleiben. Wo einst 30.000 Besucher*innen aufmarschierten, waren heuer zum ersten Mal wieder 300. Dafür spricht, dass Kirche, Behörden und Medien das Treiben der Ustaša-Fans nun am Schirm haben und nicht so schnell eine Wiederbelebung zulassen werden, und dass es längst attraktive Alternativen und Parallel-Feiern in Kroatien gibt. Für eine Rückkehr der Ustaša-Feiern spricht der große Aufwand, der in den letzten zwei Jahren betrieben wurde - warum sonst ein Feld mit einer kaputten Bühne und einem zerfledderten Denkmal erwerben.
    Falls es dazu kommt, soviel ist gewiss: Karner, Kaiser, Kohlweis oder Klösch werden es nicht verhindern sondern, wie schon 2010-2020, alle Augen zudrücken. Wir werden weiter ein Aug drauf haben, im schlimmsten Fall lest ihr hier bald wieder öfter von uns.
    Gedenkstein am Loibacher Feld jetzt voll digital

    Webcam am Feld

    Der Bleiburger Ehrenzug hat nun übrigends eine Webcam am Feld angebracht. Wir gehen davon aus, dass es bald im Internet eine Live-Übertragung vom Feld geben wird, leider haben wir den Link zum Live-Stream noch nicht gefunden.

    Quellen

    [1] https://miportal.hr/2020/05/18/8138/

    [2] https://www.brotnjo.info/2023/04/02/provincijal-fra-jozo-grbes-namecu-nam-pricu-o-crvenom-i-bijelom-polju-pa-koga-to-zanima/

    [3] https://www.tiktok.com/@a.hsp7/video/7368542735977991456

    [4] https://www.youtube.com/watch?v=acCCsKzRqdw

    [5] https://vijesti.hrt.hr/eu/bleiburg-11546585